Ökumeneweg

Im Gedenkjahr der Reformation 2017 entstand in  Kooperation zwischen Städtischer Steinmetz-Meisterschule  und den amtierenden Pfarrern der Innenstadtpfarreien (St.  Martin, Zum guten Hirten und Christuskirche) die Idee eines gemeinsamen ökumenischen Projektes.

Im gemeinsamen Austausch einigten sich die Verantwortlichen des Ökumenekreises der evangelischen und katholischen Kirche auf 12 Zentralbegriffe des christlichen Glaubens:

LIEBE | VATER | SCHÖPFUNG | SOHN | TAUFE | ÖKUMENE | GEIST | SELIG | HOFFNUNG | VERSÖHNEN | GLAUBE | WORT

Nach intensiven Gesprächen mit den Pfarrern Dr. Hansjörg Schemann und Martin Heim setzte die Steinmetz-Meisterklasse 2016/2017 diese Begriffe unter Leitung von Ulrike Ader gestalterisch in Reliefs um.

In Bronze gegossen von der Kunstwerkstätte Gröters in Obernau wurden diese 15 x 15 cm großen Reliefs 2021, im Rahmen der Sanierung der Pfaffengasse, als begehbares Kunstwerk in den Straßenbelag integriert.

Klein, fast unscheinbar muten die bronzenen Flachreliefs an, die, einer Perlenkette gleich aufgereiht, den Weg von der katholischen Stiftsbasilika St. Peter und Alexander zur evangelischen Christuskirche markieren. Und doch haben sie einen hohen Symbolwert. Nicht nur, weil sie für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt eine sichtbare geistige und emotionale Verbindung unter den Kirchen schaffen, sondern auch weil sich hierin Theologie und gestaltendes Handwerk zu einer anregenden Symbiose vereinen. So regt jede Tafel für sich zum Nachdenken an. Sowohl der Werdegang der Bronzen als auch der fertige Weg legen Zeugnis davon ab, dass „Ökumene geht!“.

Am Reformationstag, (31. Oktober 21) wurde dieses einzigartige Projekt als begehbares Kunstwerk mit ökumenischer Zielsetzung eingeweiht.

Video über die Entstehung des Projektes:


Stassenpflaster an der Christuskirche, Pfaffengasse 15
mit Bronzetafel "GLAUBE"
Der "Ökumeneweg" in der Pfaffengasse
von der Christuskirche bis zur Stiftsbasilika


Die 12 Bronzeplatten und ihre Bedeutungen:

1. Liebe
Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm.

1 Joh 4, 16b

Die zentrale Botschaft in der Mitte meiner Bronzeplatte ist das Herz. Es steht für die Liebe und ist als Aussage für jedermann verständlich und eindeutig. Die Margerite bedeutet übersetzt
‚Perle‘, ist also etwas Wertvolles. Sie symbolisiert – genauso wie die Rose – in der Pflanzenwelt die Liebe. Während die  Rosenblätter in Form der Lutherrose in meiner Darstellung die evangelische Kirche repräsentieren, habe ich die Margerite stellvertretend für die katholische Kirche eingesetzt. Die  Blütenblätter sind zum Zeichen der Einigkeit und Verbundenheit der beiden Kirchen miteinander verwoben. Im Zentrum jedoch  steht das Herz – als Mittelpunkt und als die zentrale  Gemeinsamkeit der Menschen und des Glaubens.

Pia Vielwerth


2. Vater
Da sagte Jesus zu ihnen: Wenn ihr betet, so sprecht: Vater, dein Name werde geheiligt. Dein Reich komme. Gib uns täglich das Brot, das wir brauchen.

Lk 11, 2 f.

„Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name …“
Jeder von uns kennt diese Worte Jesu, in denen er einlädt, unseren Gott Vater nennen zu dürfen und die schließlich in unserem wichtigsten Gebet münden. Jeder verbindet etwas anderes damit. Der eigene Vater prägt einen Teil unserer
Identität, er leitet und vermittelt Traditionen. Oder er gibt Ratschläge und legt seine Hand schützend über uns.
Die Hand Gottes versinnbildlicht die gleichen Eigenschaften. Doch kommen ihr auch andere Bedeutungen zu.
Zurückzuführen auf die religiösen Vorstellungen des Alten Orients ist die Hand Gottes in der Bibel – sowohl im Alten wie auch im Neuen Testament – Ausdruck der Macht, des Gerichts oder der Hilfe Gottes. Der rechten Hand Gottes wird besondere Stärke zugesprochen und die Seite zur rechten Hand gilt als der ehrenvolle Platz: „Er sitzt zur Rechten Gottes.“. Diese Hand wird umspült von Wellen. Die Wellen symbolisieren die beständige Ausbreitung seines Seins und seiner Fürsorge. Durch einen kleinen Anstoß verbreiten sie sich in immer weiteren Kreisen. Das soll zeigen, dass auch kleine Gesten des Glaubens Berge versetzen und Menschen vereinen können.

Samii Felix Breitenbach


3. Schöpfung
Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde.
Dann sprach Gott: Das Wasser wimmle von lebendigen Wesen und Vögel sollen über dem Land am Himmelsgewölbe dahinfliegen.
Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Es war sehr gut.

Gen 1,1, Gen 1,20, Gen 1,31a

Diese Worte inspirierten mich zu meinem Entwurf: Dargestellt sind der Himmel und das nasse Element
der Erde, das Wasser. Im Wasser schwimmen Fische, aus denen sich Vögel entwickeln, die dem Himmel
entgegen fliegen. Der Schöpfer all dessen wird durch die Hand symbolisiert. Gleichzeitig weist die
Hand in ihrer Bedeutung über den Prozess des Erschaffens hinaus, indem sie diese schützend über das
vollendete Werk hält.

Luca Freymadl


4. Sohn
Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat.

Joh 3, 16.3

Sohn Gottes – Lamm Gottes – Agnus Dei. Diese Darstellung ist ein seit dem frühen Christentum verbreitetes Symbol für Jesus Christus. Als Osterlamm, gekennzeichnet mit der
Siegesfahne, steht es für dessen Auferstehung. Das Lamm steht im Zentrum und ist umrahmt von einer sich in den vier Ecken windenden Banderole - ein Hinweis auf die vier Himmelsrichtungen, in welche sich der christliche Glaube im Laufe der Zeit verbreitet hat. In Bezug auf den geschichtlichen Verlauf des Christentums von der Frühzeit bis heute wurde das Wort „Sohn“ in vier Sprachen in die Banderole eingebettet. Unten  beginnend im Uhrzeigersinn in Deutsch, Griechisch, Lateinisch und Hebräisch.

Daniel Hinkelmann


5. Taufe
Darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe.

Mt 28,19-20

Die Taufe ist ein Sakrament der Einheit und in allen christlichen Kirchen als Aufnahmeritus anerkannt. Sie ist die Botschaft an den Täufling: „Du bist Gottes geliebtes Kind“ und bedeutet gleichzeitig die Befreiung und Reinigung aller Sünden auf der Welt, vollzogen durch das Element des Wassers. Wasser ist der Ursprung des Lebens, damit begann alles.
Für die gestalterische Umsetzung des Themas habe ich das Bild einer taufenden Hand gewählt. Mit Alpha beginnend fließt Wasser über eine Hand bis zum Omega. Dies dokumentiert den Weg vom Anfang zum Ende und soll zeigen, dass aus dem Sterben durch die Taufe Auferstehung wird.

Robin Heisig


6. Ökumene
Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast.

Joh 17, 21

Wörtlich aus dem griechischen übersetzt heißt der Begriff ‚Oikoumene‘ bewohntes Haus. Verwendet wird er für das Zusammensein der christlichen Kirchen (orthodox, katholisch, evangelisch). Die Bronzetafel, die diesen Begriff darstellt, zeigt eine Biene im Vordergrund. Dahinter sind die Waben eines Bienenstocks angedeutet, auf die sich das Wort Oikoumene verteilt. Die Biene ist für ihren Fleiß bekannt und gilt darüber hinaus auch als Symbol für eine wohl funktionierende Gemeinschaft. Ziel dieser Gemeinschaft ist es, das zukünftige Fortbestehen zu sichern und zu fördern. Dabei wird durch ihren Einfluss nicht nur das eigene Volk zur Blüte gebracht, sondern sie ist auch für die Umgebung eine Bereicherung und ein Hauptgrund für deren Wachstum. Der Bienenstock wird durch ihr Dasein bewohnter und lebendiger, ebenso wie die sie umgebenden Wälder und Ländereien. Die Waben als Teil des Bienenstocks stehen also im Zusammenhang mit der Biene selbst für das Bewohnte. In die Waben ist das Wort Oikoumene - aufgeteilt in mehrere Abschnitte – eingearbeitet, die dennoch nur zusammen als etwas Vollständiges angesehen werden können. So kann das Dargestellte nicht nur als ein Bild der Ökumene, sondern in manchen Punkten auch als ein Vorbild für die Ökumene angesehen werden.

Simon Heiß


7. Geist
Wenn aber der Tröster kommen wird, den ich euch senden werde vom Vater, der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, der wird Zeugnis geben von mir.

Joh 15, 26

Zum wohl bekanntesten Symbol für den Heiligen Geist zählt im christlichen Glauben die Taube. Dieses Symbol griff ich auf und kombinierte es mit dem Wort „Geist“. Von den fünf Buchstaben des Wortes eignete sich das „E“ am besten dafür, in Form einer fliegenden Taube als Buchstabe in das Wort integriert zu werden. Die Taube wächst aus dem „G“ heraus und zieht sich bis in das „I“. So sieht es aus, als flöge die Taube tatsächlich zwischen den Buchstaben hindurch, was die Immaterialität des Geistes noch unterstreicht.

Jonas Brauburger


8. Selig
Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.

Mt 5, 7

Das Wort „Selig“ steht stellvertretend für die Seligpreisungen in der Bergpredigt. Darin verkündet Jesus den Menschen, dass sich Gottes Heilsbotschaft nicht erst auf das Jenseits, sondern
bereits auf das Hier und Jetzt bezieht. Dieses Geschenk Gottes an jeden Einzelnen in all seiner Unvollkommenheit wird symbolisiert durch einen Lorbeerkranz, der von links oben (der Himmelssphäre) ins Bild (in die Welt) gereicht wird. Der Lorbeerkranz steht schon seit der Antike für Sieg oder für einen besonderen Erfolg. Er versinnbildlicht aber auch die Bürgerkrone. In diesem Sinne soll der Lorbeerkranz hier den von Gott ausgezeichneten Menschen zeigen, der so vielgestaltig ist wie
dessen Blätter und der auch Einkerbungen und Brüche aufweist wie an dem oberen Blatt beispielhaft zu sehen ist. In Form gebracht und gehalten wird der Lorbeerzweig von einem Band, das zu einer Schleife gebunden ist – erneuter Hinweis auf das Geschenk. Das untere Schleifenband schwingt vor und zurück und formt schließlich das Wort „Selig“, bevor es rechts unten aus dem Blickfeld entschwindet. Bildhaft ist so das Band dargestellt, das Gott mit uns geknüpft hat. Kontinuierlich und ohne Unterlass zieht es sich, ohne sich von den Schrift-Kapriolen beeinflussen zu lassen, vom Himmel links oben durch unser Erdendasein und darüber hinaus zum ewigen Leben.

Ulrike Ader


9. Hoffnung
Seid allezeit bereit zur Verantwortung vor jedermann, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist.

1. Petr 3, 15

Die Hoffnung steht seit jeher für Veränderung und Erneuerung. So kann sie die Gegenwart, vor allem aber die Zukunft eines Menschen mit dessen Handeln und Denken positiv beeinflussen. Die Hoffnung ist der Motor für unseren Geist, den menschlichen Horizont zu überwinden und somit neue Wege zu sehen und zu gehen, nicht stehen zu bleiben, einfach niemals aufzugeben und es immer wieder zu versuchen. So steht hier der Vogel symbolisch für die Hoffnung und für unseren inneren Antrieb, uns zu verändern und zu entwickeln, die ‚Flügel‘ auszubreiten und gen Sonne zu starten. Vielleicht die festen Strukturen aufzubrechen und neue Wege zu gehen. Oftmals werden wir durch ein ‚Netz‘ von Verpflichtungen, falschen Entscheidungen und Ängsten daran gehindert. Doch in jedem von uns steckt ein kleiner Funken Hoffnung. Wir müssen ihn nur nähren und es wird alles möglich sein, was wir uns in den Kopf setzen.

Norman Mache


10. Versöhnen
Denn Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selber und rechnete ihnen ihre Sünden nicht zu und hat unter uns aufgerichtet das Wort von der Versöhnung.

Mt 5, 7

Wo Versöhnung geschieht, kommen Gegensätze zusammen. Wir finden sie im christlichen Glauben, denn durch die Sünde entstand eine Kluft zwischen Gott und Mensch, die es zu versöhnen galt.
Gott ist in Jesus Christus Mensch geworden, um die Menschen zu sich zurück zu holen und sie wieder mit Gott zu vereinen. Verdeutlicht wird das durch die Auferstehung von Gottes Sohn. Er litt freiwillig, um die Menschen wieder mit Gott zu versöhnen. So kann man in dem Wort ‚Versöhnen‘ auch das Wort ‚Sohn‘ entdecken.
Unter Versöhnung versteht man, dass wir nach einem Streit, einem Konflikt oder einer Kränkung Frieden schließen und dem anderen vergeben. Wenn wir uns versöhnen, erwarten wir, dass der andere sein Verhalten bereut und sich bei uns entschuldigt. Das gleiche gilt aber auch umgekehrt. Es bedeutet, dass wir das Vergangene abschließen und uns auf die Zukunft konzentrieren.
Um dies zu versinnbildlichen, zeigt das Bild zwei versöhnende Hände, da diese Geste in der  Gesellschaft dafür steht, Frieden zu schließen.

Lukas Koch


11. Glaube
So halten wir nun dafür, dass der Mensch gerecht wird ohne des Gesetzes Werke, allein durch den Glauben.
Denn das Wort vom Kreuz ist eine Torheit denen, die verloren werden; uns aber, die wir selig werden, ist´s eine Gotteskraft.

Röm 3, 28, 1. Kor 1, 18

Der christliche Glaube ist das Vertrauen, die Liebe und Hoffnung in Gott. Dies versuchte ich darzustellen, indem ich symbolisch ein Kreuz – das viermal aus dem Wort „Glaube“ besteht – in die Mitte des Ornaments setzte. Egal welche Konfession, das Kreuz ist das zentrale Symbol der Christen, ob evangelisch oder katholisch.
Das Kreuz steht für die Hingabe Jesu für den Menschen. Was zählt, ist der Glaube an Gott den Vater, den Schöpfer des Himmels und der Erde. Gott macht keine Unterschiede, welcher
Religionsgemeinschaft man angehört, für ihn sind alle Menschen gleich. Deshalb ordnete ich das Wort „Glaube“ von allen Seiten lesbar und auch gespiegelt an. Der Inhalt und die Bedeutung dieses Wortes bleiben trotz der Drehungen immer gleich. Genauso wie die verschiedenen Glaubensrichtungen und Menschen, da sie in Gottes Augen alle seine Kinder sind. Die Mittelbalken des Buchstaben „E“ in den Worten „Glaube“ fügen sich in der Mitte nochmals zu einem Kreuz und sollen die Verbundenheit aller Glaubensgemeinschaften widerspiegeln.

Philipp Maiberger


12. Wort
Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.

Joh 1,1

Mit dem Begriff „Wort“ ist die Heilige Schrift, die Bibel, das Wort Gottes gemeint. Die Heilige Schrift ist das, was die christlichen Religionen miteinander verbindet. Auf dieser Niederschrift
basiert der christliche Glaube.
Es sind die Geschehnisse, aus denen der katholische und der evangelische Glaube aufgebaut und woraus er entstanden ist. Die Bibel wurde in alle wichtigen Sprachen übersetzt. Doch die ersten Aufzeichnungen waren in Griechisch und Hebräisch.
Daher sind dem deutschen „Wort“ auch die jeweiligen Begriffe in diesen Ur-Sprachen hinzugefügt, die auf einer Schriftrolle, die für die historische Urform der Bibel steht, zu lesen sind.

Inga Teister